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Freitag, 10. Oktober 2014

Die Wunden der Anderen





Zuerst die Gute Nachricht: mit einjähriger Verspätung wurden heute die Gewinner des Kunstwettbewerbs zur Gestaltung eines „Hexenmahnmals“ in Bamberg nominiert: Miriam Giessler und Hubert Sandmann, ein Künstlerpaar aus Essen haben ihre 184 Konkurrenten aus dem Feld geschlagen - kassieren jetzt 40.000 € und werden mit ihrem Entwurf „bis ans Ende aller Tage“ an die Massenmorde der katholischen Kirche in Bamberg und Zeil erinnern.

Das ist prinzipiell eine richtig gute Nachricht, denn abgesehen davon, dass die Idee „nur“ ca. 9 Jahre bis zu ihrer Verwirklichung benötigte, sollte vielleicht erst einmal die Urheberschaft dieses Kunstwerkes klipp und klar benannt werden.

Nein - wir waren das nicht, denn als wir 2008 das Malefiz Haus der Öffentlichkeit vorgestellt haben, kannten wir diese Forderung bereits, denn sie stammt originär vom ehemaligen evangelischen Pfarrer von St. Stephan, Dieter Potzel. Da dieser aber vor Jahren schon zu „einer anderen Sekte“ konvertiert ist (Freie Christen) wurde dieser Mann noch gnadenloser gemobbt und verleugnet als wir.

Trotzdem vielen und aufrichtigen Dank an die Mitglieder des Bürgervereins Mitte, die diese Idee von Dieter Potzel dann im Jahr 2012 aufgegriffen haben und jetzt wirklich ein Mahnmal für die etwa 1000 gefolterten und verbrannten „Hexen und Zauber des 17ten Jahrhunderts“ realisieren. Chapeau.

Zum Standort

Seit wann wird das Mahnmal eines Massenmordes am Wohnort der Täter aufgestellt?

Nein - und da zitieren wir gerne und mit seiner Genehmigung den Bamberger Mundartpoeten "Gerhard C. Krischker", der dazu sagt: "Das wäre ja dasselbe, als wenn man ein Judendenkmal auf die Reste der alten Reichskanzlei in Berlin bauen würde!" Punkt. Besser kann man es nicht erklären.

Aber es kann ja später immer noch umziehen … das Kunstwerk.

Zum Entwurf

Es gibt in Bamberg bereits eine negativ Säule auf dem Domberg; erschaffen vom 1939 geborenen deutschstämmigen israelischen Künstler Micha Ullmann, der seine Wurzeln in Bamberg hat. Diese in den Boden gehende Säule ist nächst der 1775 abgebrochenen Tattermannsäule errichtet. Diese Säule symbolisierte den Nabel der Welt. Sie sehen es auf jedem Foto des Domplatzes! Wenn Sie dann trotzdem NIX sehen, liegt es daran, dass die Kunst nur im Untergrund statt findet. Ausserdem ist die Glasscheibe oftmals mit Tau beschlagen und man sieht noch weniger.

Zurück zum Hexendenkmal

Die im aktuellen Entwurf gezeigte Beleuchtung wird an einem strahlenden Sommertag wohl kaum zu sehen sein - und nachts sind ja generell sehr viel weniger Menschen und vor allem Touristen unterwegs … es besteht also zu befürchten, dass man „dieses Mahnmal schon suchen muss“, um es auch zu finden. Es springt nicht „so richtig ins Auge“.

Betrachten wir nun das offizielle Presse-Foto von heute …





Links sehen wir die beiden Künstler: An ihrem „freudigen Gesichtsausdruck“ sieht man ihnen geradezu an, dass sie gerade eine Ausschreibung mit ausgelobten 40 Tsd € gewonnen haben. Sie wirken statt dessen eher „staatstragend“ und sind sich offensichtlich dem Gewicht ihrer Arbeit bewusst, denn schliesslich geht es bei ihrer Denkmals-Kunst ja um ca. 1000 getötete Menschen.

Auf der anderen Seite sieht man eine erleichtert lachende Frau Sauer, die einfach nur eine „ehrliche Haut ist“ - meinen vollsten Respekt hat und garantiert froh ist, dass es zumindest bei der Objektfindung eine demokratische Entscheidung gegeben hat. Sie haben einen tollen Job gemacht Frau Sauer.

Dann aber wird es kritisch, denn hinter Ihr grinst ein Dr. Thomas Lange in die Kamera und mMn hätte der auf diesem Bild garantiert NICHTS VERLOREN, denn er hat noch im Juli 2013 gegen eine moralisch-ethische Rehabilitierung der Opfer gestimmt.

Deshalb persönlich: „Herr Dr. Lange - verfügen Sie eigentlich über einen Funken Schamgefühl? Sie stimmen einerseits gegen eine kostenlose und längst überfällige Rehabilitierung der Opfer im Kultursenat der Stadt und brüsten sich nun als neuer Kultur-Bürgermeister mit einem „Denkmal für die verbrannten Opfer“.

Als katholischer Theologe müssten sie die Wahrheit über die Taten ihrer historischen Glaubensgemeinschaft progressiv publizieren - aber das Gegenteil ist der Fall. Warum heisst es eigentlich DENK MAL?

Weder ein von OB Starke angedachter Straßennamen, noch ein Tag des Andenkens oder gar ein Messe für die unschuldigen Vorfahren der Bamberger hat man seitens der katholischen Kirche in den Jahren seit 2008 auf die Reihe bekommen - aber immer schön sabbeln von „aufgeklärt“ und Bildungsleuchtturm. Einfach nur rückständig bis maximal lächerlich ist das.

Deshalb fehlen auf dem Foto höchstwahrscheinlich die Gesichter der üblichen lokalen Weltkultur-Erbe-Fanatiker, die es jetzt schon im zweiten Jahr hintereinander „versäumt“ haben, am nationalen UNESCO-Tag auch dem „unbequemen Teil der Bamberger Welterbe-Geschichte“ zu gedenken … man sollte diese Leute wirklich auf die Strasse setzen. Würden sie das Gleiche in Bezug auf das dritte Reich veranstalten säßen sie sowieso schon längst wegen Volksverhetzung in Haft.

Schon bald wird also das neue Mahnmal installiert werden und die Bamberger werden nicht lange brauchen, um einen passenden Spitznamen für die „zsammagequetschte Lavalamben“ zu finden und dann werden auch garantiert einige der angesprochenen Lügner in die anwesenden TV-Kameras grinsen und ihre „historischen Weisheiten“ verzapfen - von wegen „niemals vertuscht“, etc. - das einmalige historische Welterbe - unser weltweites Alleinstellungsmerkmal, blabla, sabbel, etc.

Ich persönlich hätte mir einen emotionaleren Entwurf - irgend etwas Einmaliges gewünscht, dass auch irgendwie dem Leiden und Schicksal der Opfer gerecht wird.

So sehe ich einen „abstrahierten Entwurf“ aus beleuchtetem Metall und Acryl - eines Denkmals, dass auf dem Boden liegt - ich muss mein Haupt beugen - es möglichst bei Dunkelheit besuchen … Aber wahrscheinlich gibt es für 40 Mille eben nicht mehr Andenken zu kaufen. Zumindest nicht auf Augenhöhe der Geschichte.

Trotzdem ist es, bei aller Kritik, immer noch besser als gar kein Denkmal. Die Mindestanforderung der Ausschreibung wurde also gerade noch erreicht.

… vor wenigen Augenblicken erfahren: Auch der Rat der Stadt Dortmund beschliesst heute die moralisch-ethische Rehabilitierung seiner Opfer. Wann steht Bamberg endlich auf dieser Liste???


1 1993 Winterberg/ NRW, Stadt, kath. und ev. Kirche 6 Opfer
2 1996 Idstein/ Hessen 1 Opfer
3 2002 Kammerstein, 2003 Kammerstein - Barthelmesaurach 1 Opfer
4 2007 Eschwege/ Hessen, Stadt und ev. Kirche 2 Opfer
5 2008 Fulda/ Hessen 250 Opfer
6 2010 Hofheim a.T./ Hessen 11 Opfer
7 2011 Rüthen/ NRW 59 Opfer (169 ?? )
8 2011 Hilchenbach/ NRW 18 Opfer
9 2011 Hallenberg/ NRW 43 Opfer
10 2011 Sundern/ NRW 1 Opfer
11 2011 Menden/ NRW 89 Opfer
12 2011 Werl/ NRW 73 Opfer
13 2011 Suhl/ Thüringen 72 Opfer
14 2012 Bad Homburg/ Hessen 76 Opfer
15 2012 Detmold/ NRW 21 Opfer
16 2012 Lemgo/ NRW (und 1992) 200 Opfer
17 2012 Rheinbach/ NRW 70 Opfer
18 2012 Köln/ NRW 33 Opfer
19 2012 Meiningen/ Thüringen 86 Opfer
20 2012 Osnabrück/ Niedersachsen 250 Opfer
21 2012 Büdingen/ Hessen 400 Opfer
22 2013 Soest/ NRW 67 Opfer
23 2013 Freudenberg/ NRW 18 Opfer (oder 23 )
24 2013 Rehburg-Loccum Niedersachen 33 Opfer
25 2013 Lutherstadt Wittenberg/ Sachsen-Anhalt 21 Opfer
26 2013 Datteln/ NRW 130 Opfer
27 2014 Horn-Bad Meinberg/ NRW 47 Opfer
28 2014 Trier/ Rheinland-Pfalz. 400 Opfer
29 2014 Dortmund 25 Opfer


P.S.: Es sind - entgegen der oben genannten 40.000 € - in Wirklichkeit 50.000 € - da hat man offensichtlich nachgebessert. 

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