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Donnerstag, 17. Mai 2012


Offener Brief an Herrn Dr. Ludwig Schick  


basierend auf seinen Aussagen vom 9. Mai 2012 im Bayerischen Fernsehen.


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Herrn Dr. Ludwig Schick
Erzbischöfliches Ordinariat
Domplatz 5
96049 Bamberg

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Guten Tag, Herr Dr. Schick  

Da Sie als Oberhirte des Erzbistums Bamberg die historische Verantwortung haben, muss ich Ihre am 9.ten Mai 2012 öffentlich im Bayerischen Fernsehen geäußerten Worte auch öffentlich kommentieren.

Ich widerspreche Ihnen aus mehreren Gründen, denn auch mir ist das "ZU WENIG". 

Fakt ist: Spätestens seit der Veröffentlichung des Buches „Die Hexenverfolgung im Hochstift Bamberg und das Eingreifen des Reichshofrates zu ihrer Beendigung“ von Dr. Britta Gehm im Jahr 2002 gibt es ein wissenschaftliches Werk, das genau die von Ihnen in Abrede gestellten Mechanismen der Verfolgung, Diffamierung, Folterung und Verbrennung von mindestens 884 katholischen Opfern des 17ten Jahrhunderts peinlich genau seziert, analysiert und wissenschaftlich demonstriert.

Jetzt könnten Sie natürlich behaupten, dieses Sachbuch gar nicht zu kennen, aber das Erzbistum selbst hat im Jahr 2007 die Autorin dieses Werkes nach Bamberg zum Vortrag geladen.




Deshalb darf man wohl davon ausgehen, dass der Inhalt dieses Buches innerhalb des Erzbistums durchaus bekannt war. Frau Dr. Gehm ist dann zwar nicht in Bamberg erschienen - die Gründe sind mir nicht bekannt -, dennoch haben Sie ja öffentlich und schriftlich zu diesem Vortrag eingeladen.

Ich behaupte deshalb, dass Sie hier zwar einen wohlklingenden Grund für Ihre jahrzehntelange Vertuschung anführen, der aber nicht im Ansatz nachzuvollziehen ist. Die historischen Fakten sind hinlänglich erforscht und bekannt - es existieren sogar wissenschaftliche Papier- und Tintenanalysen, die zweifelsfrei belegen, dass Ihr Vorgänger im Amt, der Hexenbrenner Fuchs von Dornheim, zahlreiche Akten nachträglich fälschen ließ, um beim kaiserlichen Reichshofrat in Wien die Situation in Bamberg zu beschönigen. Und mit Verlaub: Ich bezichtige Sie exakt der gleichen Vorgehensweise. 

Sie verkörpern die höchste katholische Instanz im Erzbistum und es war alleine Ihre Organisation, die aus Bamberg einen wahren Höllenort gemacht hat. Auch die Mär von der angeblichen Verantwortung weltlicher Gerichte muss hier endgültig klargestellt werden: der Kauf des Grundstücks und der Bau des Malefiz Hauses gehen alleine auf das Konto der katholischen Kirche. 

Dass dann willfährige Richter, Schöffen und Hexenkommissare ebenfalls einen Anteil an den bestialischen Grausamkeiten und Fehlurteilen hatten, will ich hier nicht bestreiten, aber jede Befehlskette hat ihren Anfang, und in Bamberg herrschten die irrsinnigsten Mechanismen, die alleine vom fürstbischöflichen Willen ausgingen.

Von Ihrem heutigen Arbeitsplatz auf dem Domberg sehen Sie in die "Alte Hofhaltung" in deren Mauern auch Hunderte von Menschen gefoltert wurden, bevor man sich entschloss, ein zusätzliches, prunkvolles Foltergefängnis an der Stadtmauer zu erbauen. Auch der Kanzler, Dr. Georg Haan, wurde hier öffentlich ermordet und die schwangere Dorothea Flock entband innerhalb der Kerker in der Hofhaltung ihr Kind, bevor sie im Hinterhof des Malefiz Hauses geköpft und dann verbrannt wurde 
(Heute ist im Übrigen der Jahrestag ihrer Ermordung: siehe Video-Link im Anhang).

Und selbst nachdem es mehr als 40 Jahre keine Verbrennungen mehr in Bamberg gegeben hatte, wurde am 14. Dezember 1674 die 74-jährige Margarethe Handel, wahrscheinlich wieder in der Alten Hofhaltung, bei der dritten Foltersitzung "gradu torturae" zu Tode gemartert. 
Da sie aber bis zu ihrem plötzlichen Foltertod noch nicht gestanden hatte, dass sie eine Hexe sei, wurde ihre Leiche vom katholischen Pfarrer Elias Kraus nach Weismain gebracht und dort mit alle Sakramenten katholisch beerdigt.

Der tausendjährige Dom ist das kaiserliche Wahrzeichen unserer Stadt und das einzige Mal, das Sie, Herr Dr. Schick, jemals Ihre Gemeinde mit der Wahrheit konfrontiert haben, war, als sie am 11. März 2007 während der Vergebungsbitte zum Bistumsjubiläum folgenden Satz gesagt haben: "Damit wir in Zukunft mehr Licht sein und bringen können, feiern wir diesen Gottesdienst der „Reinigung des Gedächtnisses“, der Bitte um Vergebung und der Erneuerung."

Und genau in dieser Haltung liegt m.M.n. die Krux, denn wir leben im dritten Jahrtausend und können als mündige Bürger gerne auf die von Ihnen propagierte "Reinigung des Gedächtnisses" verzichten. 

Der wahre Lauf der wissenschaftlich erforschten Geschichte lässt sich nicht länger verschleiern - die Menschen, die in Ihrem Einzugsbereich leben und die Besucher der Stadt, haben ein Recht darauf, JETZT zu erfahren, welche unvergleichlichen Verbrechen sich in den Mauern von Bamberg und Zeil zugetragen haben und nicht dann, wann Sie es irgendwann für opportun halten werden. 

Das Image des UNESCO-Welterbes wird von Ihrer Beton-Mentalität kupiert - Bamberg wird von ca. 2 Millionen Touristen pro Jahr besucht, die es nicht verdient haben, eine manipulierte Darstellung der Geschichte geliefert zu bekommen. Das sind die Methoden totalitärer Systeme, die in einer modernen aufgeklärten Welt nichts zu suchen haben. 

Und da das hier ein offener Brief ist, möchte ich zum Abschluss folgende These in den Raum stellen: Glaubt denn wirklich ein rational denkender Mensch, dass ohne die Initiative der Herren Dieter Potzel, Dieter Weinsheimer und des Bayerischen Fernsehens jemals etwas an die Öffentlichkeit gelangt wäre? 

Und den zukünftigen Kritikern dieses offenen Briefes stelle ich folgende Frage: Gibt es irgendwo in Deutschland eine weitere Stadt, die vielleicht auch noch UNESCO-Welterbe ist, und in der es einen ähnlichen Massenmord mit mehr als 1000 Toten gegeben hat, der bis dato verleugnet und vertuscht wurde? 

Wenn Sie, Herr Dr. Schick, in Zukunft wirklich "mehr Licht sein und bringen können" wollen, dann sorgen Sie für sofortige lückenlose Aufklärung oder schweigen Sie weiter, aber jeden Tag erkennen mehr und mehr Menschen, was sich wirklich in Bamberg abgespielt hat ... und damit schwindet auch täglich die Glaubwürdigkeit Ihrer Kirche.

Mit den gleichen Mechanismen der Vertuschung wurden auch die Missbrauchsfälle innerhalb des Bistums behandelt, ob sie von Herrn Münkemer oder Dr. Dr. Kehrbach begangen wurden ... es ist immer das gleiche System.  



Zum Schluss möchte ich ein weiteres Zitat aus der Frankenpost anführen: "Auch das Erzbistum Bamberg begrüßt es, wenn eine seriöse und fundierte Aufarbeitung der Geschichte und des Schicksals der Hexenverbrennungen erfolgt, erklärt das Erzbischöfliche Ordinariat Bamberg auf Anfrage..."

Ich ziehe es unter diesen Umständen vor, fundiert unseriös zu bleiben.


Ralph Kloos 



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Das Video zum Mord an Dorothea Flock finden Sie hier: 





Autor & Produzent von

 Das geheime Foltergefängnis der katholischen Inquisition.


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