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Donnerstag, 26. März 2015

Zeit für eine kleine Anekdote

Immer wieder gerne fantasieren ein paar der Hardcore-Bamberger davon, dass seit 180 Jahren jedem interessierten Bürger jederzeit freier Zugang zu den Akten ermöglicht wird … 


Als ich im Jahr 2008 - nach telefonischer Voranmeldung - Einsicht in den historischen Aktenbestand der Staatsbibliothek Bamberg nehmen wollte, kam der Leiter dieser Institution wutschnaubend aus seinem Büro und redete in etwa 20 geschlagene Minuten auf mich ein: Der von ihm verwendete Tenor war eindeutig feindlich, denn er warf mir schon kurz nach der Begrüßung „ehrenrühriges Verhalten vor“, weil wir es gewagt hatten, den „Juniusbrief“ von einem professionellen Sprecher vertonen zu lassen und einen animierten Film dazu auf YOUTUBE einzustellen. 

Vollkommen aus dem Häuschen geriet dieser Mann dann aber wegen der vier Seiten Juniusbrief, den wir als Fotographien auf unserer Website www.malefiz-haus.de eingestellt hatten. Diese Fotos wurden in der Amtszeit seines Vorgängers in der Staatsbibliothek angefertigt und gehörten deshalb nicht zum Bestand der Bibliothek - es waren eindeutig Privataufnahmen - und selbstredend habe ich mich geweigert, seinem abstrusen Wunsch nachzukommen und habe die Daten auf unserer Website belassen. 

An die angeforderten Akten lies man mich auch erst dann, als ich damit drohte den zuständigen Redakteur der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG über die hiesige Art der Vertuschung zu informieren, denn schliesslich war ich nur aus einem Grund nach Bamberg gekommen: um im Namen der DEUTSCHEN STIFTUNG DENKMALSSCHUTZ einen Vortrag über das Malefizhaus abzuhalten. 

Jetzt können Sie gerne denken, dass es sich hierbei um einen bedauerlichen Einzelfall handeln könnte …

Dann konfrontiere ich Sie jetzt mit der Aussage des TV-Redakteurs Michael Wandt vom Bayerischen Fernsehen, der mir gerne erlaubt hat, seine Worte aus dem Jahr 2012 zu zitieren: „In 20 Jahren Recherche-Arbeit für den BR war es ihm noch niemals passiert, dass man ihm verboten hatte „gewisse historische Akten“ zu filmen - ausser in der Staatsbibliothek Bamberg“. Im konkreten Fall musste ein Ressortleiter des BR telefonisch auf die „Herausgabe der Akten“ bestehen … und man kann nur Danke sagen an den BR, denn gerade die erste Sendung zum Thema mit Pfarrer Hegeler war der sogenannte Durchbruch für die öffentliche Aufklärung in Bamberg. 

Doch es kommt noch besser, denn im Jahr 2013 habe ich in der alten Hofhaltung die Bestseller-Autorin Sabine Weigand kennen gelernt, anlässlich der Dreharbeiten zu „Die Seelen im Feuer“.

An einem der Orte in Bamberg, in denen man quasi „knietief“ im Blut der Opfer steht, entwickelte sich ein hochinteressantes Gespräch über das Buch und dessen aktuelle Verfilmung. Nicht wirklich überrascht war ich dann von ihrer persönlichen Episode mit besagtem Leiter der „Staatsbibi“: selbst der promovierten Historikerin Sabine Weigand wurde die Akteneinsicht bei ihrem ersten Besuch nachdrücklich verweigert. Autsch

Frau Weigand musste also unverrichteter Dinge wieder nach Nürnberg fahren - dort ihren Verlag anrufen, der dann wiederum das Kultusministerium in München einschaltete … und schon in paar Tage später durfte sie dann endlich an den einzigartigen Aktenbestand im Archiv. 

Unter Umständen verstehen Sie als Leser jetzt auch einen Satz im Buch von Frau Weigand erst richtig, den sie in der Beschreibung des männlichen Protagonisten verwendet hat: „Die Rückständigkeit Bambergs war ihm zuwider.“

Frau Weigand ist eine anerkannte Historikerin, die für ihre akribische Recherchen bekannt ist. Deshalb ist dieser Satz eindeutig zweideutig, denn mit dem Malefizhaus, seinen neuen Foltermethoden und dem Hexenofen in Zeil am Main war der Fuchs von Dornheim ein weit gereister Herrscher mit zwei akademischen Titeln, der alles andere als ein rückständiger Hinterwäldler war. Er hatte - ohne zu übertreiben - die modernsten Tötungsmaschinen Europas entwickeln lassen, die teilweise selbst nach heutigen Massstäben als „ökologische Installationen“ gepriesen werden würden, denn der Ofen wurde nur aus einem Grund erfunden und realisiert: um teures Brennholz zu sparen, denn eine Hexenleiche galt erst dann als komplett verbrannt, wenn nur noch Asche und Staub übrig blieben …

Insofern darf man die besagte Textpassage durchaus als unmissverständlichen Wink mit dem Zaunpfahl interpretieren … dann verdankt der meist gelesene historische Bestsellerroman über Bamberg diese kleine Anekdote der Verbohrtheit eines fehlgeleiteten "Rumpelstilzchens" und genau wie das neue Hexenmahnmal handelt es sich hier um eine dauerhafte Qualifizierung und nicht um den „sprichwörtlichen Pickel am Arsch der Geschichte, der eines Tages ganz von alleine wieder verschwindet“… Nein - der Text bleibt für immer in diesem Buch und das Mahnmal für die ca. 1000 Opfer wird auch noch spätere Generationen zum Nachdenken anregen …

Da ist es schon fast nebensächlich, dass auch die Historikerin Birke Grieshammer bereits im Jahr 1985 am Zugang zu den Datensätzen gehindert wurde, denn damals war ja noch der Vorgänger des heutigen Bibliotheksleiters im Amt. 

Das es auch eindeutig weltoffener geht - sogar in Bamberg - beweisen eindrucksvoll andere öffentliche Beamte im Staatsarchiv und im Stadtarchiv, die sich nicht nur wirklich bemüht haben, sondern bei denen man sogar mich zu einem netten Gespräch inklusive Kaffee eingeladen hat …“


Dies ist ein Auszug aus einer neuen Publikation, die voraussichtlich ab Juli 2015 vorbestellt werden kann … Namen verrate ich noch nicht .. .:)