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Dienstag, 30. September 2014

Schrein des Grauens oder Traumstadt der Deutschen?



In wenigen Tagen soll sich entscheiden, welches Mahnmal in Zukunft in Bamberg an die über 1000 verbrannten Hexen-Opfer der katholischen Inquisition erinnern wird. 

Das ist prinzipiell eine sehr gute Nachricht - aber leider gibt es wieder einmal grundsätzliche Meinungsverschiedenheiten, was die Bedeutung dieses Denkmals für die Zukunft Bambergs darstellt.

Es gibt ja die verschiedensten Legenden über die tatsächlichen Opferzahlen und die angewendeten Foltermethoden, selbst über den Standort des Folterhauses ist man sich uneins .. usw. usw.

Doch mehrere Tatsachen müssen selbst die kritischsten Bürger akzeptieren: 

Schon bevor das Malefiz-Haus entstand, wurden in unmittelbarer Nähe des Doms - in der alten Hofhaltung - über 300 Bamberger Bürger in der Büttelstube gefoltert, in unteririschen Kerkern eingesperrt und danach meist lebendig verbrannt.

Warum wurde dann im Jahr 1626 ein weiteres prunkvolles und mit Sicherheit sehr kostspieliges Foltergefängnis an der Stadtmauer errichtet? 

Weil der Hexenbrenner Fuchs von Dornheim insgesamt 3.000 Hexenverdächtige einfangen und töten wollte. 

Diese Zahl errechnete sich aus den Geständnissen, die man in den ersten zwei Wellen der lokalen Hexenverfolgung (1616/17) unter Fürstbischof von Aschhausen aus den gefolterten Opfern erpresst und protokoliert hatte. 

In Würzburg gab es ebenfalls eine notariell beglaubigte Komplizen-Liste, die sogar 8.000 angebliche Hexen aufführte - trotzdem wurden im Hochstift von Würzburg insgesamt zehn (10) kleine Verliese und Kerker hergerichtet, die für Inhaftierung der etwa 1.200 Opfer in dieser Stadt verwendet wurden. 

Nur in Bamberg musste es ein neuer hochmoderner Prunkbau sein, der als Mehrzweckgebäude traurige Berühmtheit erlangte, denn das Malefiz-Haus wurde bereits 1627 in Liedern besungen und als Bilddruck in einer Nürnberger Hexenzeitung präsentiert … da war es überhaupt noch gar nicht in Betrieb.

Neben diesen Fakten, die exakt nachzuvollziehen sind, existieren weitere Tatsachen und diese wurden in der Sprache der Mathematik verfasst und sind deshalb nicht anzuzweifeln.

So wurde zum Beispiel der Architekturplan des Malefiz-Hauses mit einem genormten Maßstab versehen (die sogenannte Bamberger Elle oder der Bamberger Schuh - hängt auch heute noch an der linken Seite des Domportals) und konnte deshalb bis auf den Millimeter digital rekonstruiert werden … und genau daran haben wir uns bereits seit 2005 strikt gehalten; denn zu dieser Zeit haben wir das Gebäude zum ersten Mal rekonstruiert.

Das Ergebnis unserer computerberechneten, fotorealistischen Rekonstruktion ist eine exakte räumliche Annäherung. Da keine offiziellen archäologischen Funde zu diesem „Einzeldenkmal des Horrors“ existieren, müssen wir spekulieren, welche Farbe die Ziegel oder das verwendete Holz hatten und ob Kerzen oder Fackeln zur Beleuchtung benutzt wurden.

Was aber kein Computerprogramm jemals rekonstruieren kann, sind die üblen Gerüche. bzw. der bestialische Gestank  welche in diesem Wänden geherrscht haben und vor allem nicht die tagtägliche Todesangst, welche die damaligen inhaftierten Bamberger Bürger in diesem Horror-Knast teilweise bis zu drei Jahren erleiden mussten, bevor sie dann an den Folgen dieser Haft verstarben.

Der folgende Filmausschnitt ist also eine - wie wir meinen - extrem exakte Nachbildung von dem grausamsten Gebäude, dass jemals in der Welterbestadt Bamberg existierte - und da es innerhalb der historischen Stadtmauern lag, gehört es mit Sicherheit ebenfalls zum UNESCO-Welterbe, was einige lokale Würdenträger aber schwer zu überfordern scheint; sie sabbeln weiterhin von der Medienkompetenz und dem Bildungsleuchtturm Bamberg - der Traumstadt der Deutschen, der schönsten Stadt der Welt und ähnlichem Schwachsinn.

Egal welches Denkmal in naher Zukunft an die Bamberger Hexenverfolgung erinnern wird - das Malefiz-Haus war die absolute Ikone der lokalen Massenmorde - perfide bis ins Detail geplant: So behaupten wir, dass der „Bach, der unter der Folterkammer“ hindurch führte, garantiert als nutzvoller Abwassergraben angelegt wurde, um sich z.B. einfach des Blutes und der Exkremente zu entledigen, die „bei einer ausgedehnten Foltersitzung in dieser peinlichen Frage anfielen“.


Wer sich aktuell schockiert beim Anblick der Gräueltaten zeigt, welche islamische ISIS-Kommandos unter den Ungläubigen anrichten, der sollte sich darüber im klaren sein, dass es im idyllischen Bamberg weitaus brutaler und blutiger zuging. 

Vier eigens in Bamberg „erfundene“ Foltermethoden zeugen davon, dass der Bau und die Nutzung dieses Folterknastes eine Dimension erreichten, die auch ohne die Existenz elektronischer Medien bereits im 17ten Jahrhundert dafür sorgte, dass man Bamberg nur noch als „Schrein des Grauens“ betitulierte und die „Bambergische Tortur“ der Inbegriff des Bösen wurde - zumindest bei den Menschen, die man schon damals als „aufgeklärt“ bezeichnen konnte. 

Warum es trotzdem so schwer ist das dunkelste Kapitel der Stadtgeschichte öffentlich so zu beleuchten, wie es sich in einer weltoffenen Stadt gehören würde, liegt einfach daran, dass sich die Bewohner und Fans dieser architektonisch einzigartigen Kleinstadt zwar als moderne Vertreter der Gattung Mensch verstehen, weil sie vielleicht ein Smartphone bedienen können - trotzdem gilt im Allgemeinen anscheinend eher der Kernsatz von Sabine Weigand aus dem Roman „Seelen im Feuer“, der dem Protagonisten der Erzählung in den Mund gelegt wurde: DIE RÜCKSTÄNDIGKEIT BAMBERGS WAR IHM ZUWIDER.

In der „Traumstadt der Deutschen“ verkleiden sich unter dem Deckmantel der „Tradition“ einige Kulturträger, die in diesem Jahr von der SZ-Journalistin Katja Auer öffentlich als die „Bamberger Kulturbanausen“ bezeichnet wurden, doch mir geht diese Klassifizierung einfach nicht weit genug, denn ich bin der Meinung, dass ein „Banause“ eigentlich ein bemitleidenswertes „Dummerle“ ist, der es einfach nicht besser weiß. 

Anders im UNESCO-Welterbe von Bamberg: Hier wird seit Jahren von einigen selbsternannten Gralshütern (mit und ohne Dr.-Titel) der Bamberger Historie versucht, jeden nationalen und internationalen Touristen, der Bamberg besucht sprichwörtlich um die „spannendste Geschichte dieser Stadt“ zu betrügen, denn es gibt trotz vollmundiger Zusagen nichts, was man auch nur ansatzweise als „zeitgemäße Aufklärungsinitiative der bis vor kurzem vollkommen verschleierten Massenmorde“ der katholischen Kirche bezeichnen könnte.

Anders als in Zeil am Main, wo die Stadtverwaltung 600.000 € für ein Dokumentationszentrum ausgab, ist es in Bamberg einem Bürgerverein zu verdanken, dass zumindest ein Mahnmal entsteht - für 40.000 € - das sagt eigentlich schon ALLES.

Das zukünftige Mahnmal wird mit Sicherheit ein längst notwendiger Teil der Aufklärung werden - keine Frage, aber noch weit wichtiger wird die Ausstrahlung von „SEELEN IM FEUER“ im ZDF im Februar 2015 und die dazugehörige Dokumentation von Terra X sein!

Freuen wir uns darauf. 

Diesen Text wird man mir garantiert „um die Ohren hauen“ - schon alleine für die Unverschämtheit, dass ich es wage die ISIS-Terroristen mit den katholischen Würdenträgern des 17ten Jahrhunderts zu vergleichen.

Fakt ist auch hier: Im historischen Bamberg wurde über die Dauer von vierhundertvierzehn Jahren (414) grausame Folter ausgeübt - mit einer solchen Brutalität, dass das reine „Kopf abschneiden der ISIS“ geradezu wie ein Gnadenakt eingeordnet werden muss, denn auch in Bamberg wurden Menschen geköpft. 

Allerdings nur, wenn etwas zu holen war für die Mörder; denn nur dann gab es den fürstbischöflichen Gnadenzettel. Alle anderen Opfer wurden lebendig verbrannt und großteils noch mit glühenden Zangen gerissen - bis zu dokumentierten fünfzehn (15) Mal - das war barbarisch und auch „reißerisch“ im wahrsten Sinne des Wortes. 

Uns haben ein paar ewig gestrige Kulturbanausen schon 2008 vorgeworfen, reißerisch zu berichten, obwohl wir bis dato sogar darauf verzichtet hatten, die rekonstruierte Folterkammer zu präsentieren. 

Auf was wir garantiert niemals verzichten ist unsere Forderung nach einer unbedingten moralisch-ethischen Rehabilitation der ermordeten Opfer - denn wie soll das denn zusammen passen, dass man jetzt endlich nach so langer Zeit ein Denkmal installiert und trotzdem will man nicht öffentlich sagen: „Da ist damals ein bedauerlicher Justizmord passiert, weil zwei Fürstbischöfe im Krieg mit der eigenen Bevölkerung waren.“ 

Wie soll das denn zusammen passen? Zur Ehrenrettung meiner Heimatstadt, die ich wirklich sehr liebe, muss erwähnt werden, dass es im benachbarten Würzburg anscheinend auch nicht möglich ist, die angemessene Erinnerungskultur zu installieren - aber dort hat es ganz andere Gründe, als in Bamberg.

Vielleicht dauert es noch ein bis zwei Generationen bis die angesprochenen „Kultur-Dinos“ in dieser Stadt und in Würzburg ausgestorben sind … und es auch einen „Bamberger Frühling“ geben wird, der zumindest ermöglicht, dass Touristen und Bürger dieser Städte einen "unverbauten Blick" auf die wahre Vergangenheit werfen können.

Bis dahin gilt allerdings die Devise: Armes Bamberg - armes Würzburg.